Projekte
SONGS FOR THE END OF THE WORLD
“All the time while rowing we were facing the starboard side of the sinking vessel. By that time E & C decks were completely submerged, and the strains of music became fainter, as though the instruments were filling up with water….”
(Margaret Brown said of her experience in lifeboat No. 6)
“…those that were in the lifeboats which were close to the vessel say that the orchestra played till the very last and that the men went down into the sea singing Nearer My God to Thee.” (Caroline Bonnell, Survivor)
Desaster faszinieren. Sie ziehen uns an und konfrontieren uns mit unserer eigenen Fragilität. Erinnern uns an unsere Sterblichkeit.
In der Nacht vom 14. auf den 15. April 1912 kollidiert die RMS Titanic mit einem Eisberg. Die Band des Ozeandampfers spielte bis zu ihrem Untergang — so die Erzählungen.
Alle Musiker sterben. Das Titanic-Unglück fasziniert womöglich auch deswegen, „weil es nicht viele Geschichten gibt, in denen Menschen, die weder krank noch in einen Konflikt verwickelt sind, damit konfrontiert werden, innerhalb weniger Stunden über ihren unmittelbaren Tod nachzudenken.“ [1] Direkt nach dem Unglück zu Helden stilisiert, ranken sich bis heute Legenden um die Musiker. Widersprüchliche Aussagen von Überlebenden führen zu Spekulationen über das letzte gespielte Liede der Musiker.
„SONGS FOR THE END OF THE WORLD” ist ein Kopfhörer-Konzert, das die Faszination für das Titanic-Unglück und für den Mythos rund um deren Band zum Ausgang nimmt. Das Stück spielt mit dem Genre eines experimentellen Podcasts und beleuchtet dabei musikalische und popkulturelle Verarbeitungsstrategien von Desastern. Wie wird Musik als Verarbeitung fürs Überleben gebraucht und gespielt?
„SONGS FOR THE END OF THE WORLD” changiert zwischen klassischen Podcast-Elementen wie z.B. Interviews und Gesprächsformaten, konzertanten Elemente, musikalischen Ritualen und Publikumsinteraktionen. Dabei setzt sich das Stück zugleich ehrlich und intim als auch humorvoll mit der Bedeutung von Musik in dunklen Zeiten/Situationen auseinander.
„SONGS FOR THE END OF THE WORLD“ lädt uns ein, darüber nachzudenken, welche Musik wir in Momenten der Angst und des Ungewissen hören würden und was diese Musik für uns persönlich bedeutet. In interaktiven Momenten mit dem Publikum stellt das Kopfhörer-Konzert immer wieder die Frage: Was verbindet uns mit der Musik, die uns in der Nähe des Endes begleitet? Welche Erinnerungen sind daran verknüpft, was bedeutet sie uns und was sagt die Auswahl über uns aus? Dafür wird auch die persönliche Musikauswahl des Publikums in den Ablauf des Konzerts integriert.
[1] Vgl. “The Band that played on”, S. 9

Sara Glojnaric, Komponistin
©Mateja Vrčković

Sarah Maria Sun, Sopranistin ©Rüdiger Schestag
Kuss@Kokon
Das Format Kuss@Kokon war eine Initiative während der Pandemie. Wir haben uns als Streichquartett mit Freunden und Wegbegleitern zusammengefunden, die für unseren Werdegang besonders wichtig sind, die uns besonders beeinflusst haben oder die uns auch überrascht haben. Mit ihnen haben wir uns mehrere Tage in Studios eingeschlossen, und jeder hat seine, hat ihre Kunstform in die Waagschale geworfen, und wir sind dann miteinander an die Arbeit gegangen.
Das heißt: Wir haben zum Beispiel einen Mendelssohn-Streichquartettsatz zur Verfügung gestellt, haben ihn gespielt und er wurde durch Schlagzeug, durch Slam-Poetry oder durch Choreografie, durch Tanz unterbrochen.
Wir haben diesen Satz nicht bebildert, sondern sind einander mit verschiedenen Störfaktoren oder genau dem Gegenteil von Störung begegnet. Das hat so viel Freude gemacht, daraus sind so tolle Ideen geboren worden, dass wir uns gedacht haben, verschiedene Module zusammenzustellen, die wir dann später in Konzerten oder Veranstaltungen wie beispielsweise Festivals kombinieren können, je nach Bedarf.
Das nenne ich Module: Es sind Konzertteile, Showteile, die sowohl gleichzeitig laufen können, auf verschiedenen Ebenen wie innen/ außen oder aufeinander folgend oder eben in einem Raum verteilt – je nachdem.
Besetzung & Werke
Force and Freedom
Ein Beethoven-Projekt: Zum 250. Geburtstag des Komponisten hinterfragen Nico and the Navigators und das Kuss Quartett die ästhetischen und politischen Zwänge und Freiheiten, in denen Beethovens Werk entstand.
„Abwechselnd bekamen die Besucher Auszüge aus Beethovens Streichquartetten und Adaptionen von Lied-Fragmenten des Komponisten zu hören … In der Kombination mit Tanz, Liedern und Zitaten erschienen die Streichquartette Beethovens in einem neuen Licht … Die atemberaubenden Bewegungen der Tänzerin Kawaguchi verdeutlichten die Ambivalenz der Gefühle, die der Musik innewohnen. In kurzen Abständen wechselten sich Verzweiflung, Hoffnung, Leichtigkeit und Schwermut ab … Dazu passte auch der krönende Abschluss der Vorstellung, die „Große Fuge“ Opus 133, in der Beethoven das fest gefügte System der Fuge immer wieder aufsprengt. Das Publikum zeigte sich begeistert.“
SEBASTIAN JUTISZ / RHEIN-NECKAR-ZEITUNG
Mehr Infos und Bilder:
Force & Freedom
Besetzung & Werke
Bas Böttcher – Slam Poetry
Yui Kawaguchi – Choreografie, Tanz
Ruben Reniers – Tanz
Johannes Fischer – Schlagzeug und Komposition
Óscar Escudero – Electronics
Kuss Quartett
Enno Poppe (*1969)
Freizeit für Streichquartett (2016), komponiert für das Kuss Quartett
Johann Sebastian Bach (1685–1750)
aus: Partita Nr. 2 d‑Moll für Violine solo, BWV 1004 3. Sarabande
Manfred Trojahn (*1949)
aus: V. Streichquartett (2018), komponiert für das Kuss Quartett Molto Adagio
Johannes Julius Fischer (*1981)
Under Ground für amplifiziertes Ölfass und Tamtam (2021)
Helmut Lachenmann (*1935)
Toccatina – Studie für Violine allein (1986)
Thomas Adès (*1971)
aus: Arcadiana für Streichquartett (1994) VI. O Albion
George Benjamin (*1960)
A Lullaby for Lalit für Violine solo (2001) (Viola)
Óscar Escudero (*1992)
POST für Streichquartett, Publikum mit Konzertprogramm und Elektronik (2021)
Joseph Haydn (1732–1809)
Streichquartett C‑Dur, op. 20,2 (1772)
Armenische Volksweise, Violoncello solo
Johannes Julius Fischer: Duft für Sprecher, Schlagzeug und Streichquartett (2020)
Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809–1847)
aus: Streichquartett f‑Moll, op. 80, 2. Allegro assai
Im gesamten Programm tauchen immer wieder Texte von Bas Böttcher auf.
Die Reihenfolge der Werke wird kurzfristig entschieden.
Dauer ca. 90 Minuten, keine Pause
Auftragswerke
Musik geschieht in der Zeit
– das ist uns auch im übertragenen Sinne großes Anliegen.
Mit Jörg Widmanns 1.Streichquartett – 1998 als Preisträger des Karl-Klingler Wettbewerbs begann dieses Abenteuer, wir erhielten damals den Sonderpreis für sein Werk und spielten es erstmals in Berlin.
Seitdem waren es Komponisten wie Lera Auerbach, Oliver Schneller, Enno Poppe, Aribert Reimann, Manfred Trojahn, Bruno Mantovani, Iris ter Schiphorst, Francisco Coll und einige mehr, denen wir Aufträge geben durften und deren Werke wir uraufgeführt haben.
Seit einigen Jahren werden wir mit einer Konzeptionsförderung des Landes Niedersachsen unterstützt, um Initiativen für neue Streichquartette zu zünden.
Ein aufregender Teil unseres Quartettlebens!
Francisco Coll: Códices
UA: 31.10.2023, Stadtcasino Basel
Dauer: 15 Minuten
Commissioned for the Kuss Quartet by Kammermusik Basel, Konzerthaus Berlin, Wigmore Hall,
Het Concertgebouw, and Musik 21 Niedersachsen
Mark Andre: Sieben Stücke für Streichquartett
UA: 02.08.2022, Sommerliche Musiktage Hitzacker
Dauer: 16 Minuten
Iris ter Schiphorst: “Sei gutes Muts”
Bruno Mantovani: Beethoveniana
UA: 16.06.2019, Suntory Hall Tokyo
Dauer: 11 Minuten
Co-commissioned by: Suntory Hall Tokyo, Philharmonie de Paris, ProQuartet Paris, Musik21 Niedersachsen Hannover,
Concertgebouw Amsterdam & Wigmore Hall London
Aribert Reimann: “Die schönen Augen der Frühlingsnacht”
Sechs Lieder von Theodor Kirchner nach Gedichten von Heinrich Heine für Sopran und Streichquartett bearbeitet und verbunden mit sieben Bagatellen für Streichquartett
UA: 14.12.2017, Muziekgebouw aan’t IJ Amsterdam
mit Mojca Erdmann, Sopran
Dauer: 9 Minuten
by the Frankfurt Bürgerstiftung in the Holzhausenschlösschen, financed by the Ernst von Siemens Music Foundation
Enno Poppe: Freizeit
UA: 30.11.2016, Hannover
Dauer: 5 Minuten